Ein Schiff wird kommen

Kennt Ihr den alten Schlager? Er heißt: Ein Schiff wird, und das bringt mir den einen, den ich so lieb' wie keinen... 
   Vergangenen Sonntag waren mein Mann und ich unterwegs mit unserem Enkel. Er war so müde und schlief bald ein in seinem Kinderwagen. Wir gingen weiter, denn das Rütteln des Wagens fördert seinen Schlaf. Wir liefen am Wasser entlang zum Hafen Ost. Und da lag sie: die Seawatch 5, 2010 erbaut als Versorgungsschiff. Sie hat 4,5 Mio Euro gekostet und wurde komplett aus Spenden der gesamten Bevölkerung finanziert. Das Schiff wird umgebaut hier in Flensburg. Das Achterdeck wird überdacht, innen wird ein kleines Krankenhaus eingebaut... Wenn sie im Frühjahr losfährt, nimmt sie Kurs aufs Mittelmeer. Bis zu 500 Menschen kann sie an Bord nehmen. Die Seawatch 5 ist keine Fähre, sondern sie wird eingesetzt zur Flüchtlingsrettung. Als wir am Sonntag das Schiff entdeckten, waren bereits neue Schreckensmeldungen in den Nachrichten: Mindestens 59 Menschen vor Süditalien ertrunken, 33 davon Frauen, 12 Kinder, 1 Neugeborenes. Ihr klapperiges Schiff war bei starkem Seegang an Felsen zerschellt - und weit und breit kein Rettungsschiff.
Das geht so nicht, hat die Evangelische Kirche in Deutschland schon vor einigen Jahren klar und deutlich gesagt. Man lässt keinen Menschen ertrinken. PUNKT. Sie haben Spenden gesammelt und sich beteiligt am Kauf eines Rettungsschiffes, aber das liegt gerade in einem Hafen - festgesetzt aus fadenscheinigen Gründen, weil niemand die Menschen aufnehmen will, die sich auf den Weg machen in ein besseres Leben.
   Ja, ich kenne die Argumente: wen sollen wir denn noch aufnehmen? Da sind doch schon so viele Flüchtlinge, besonders aus der Ukraine. Und wer weiß, wie viele noch von da fliehen? Das Boot ist voll - besonders aus der rechten Ecke kommt dieser Satz. Ja, ich kann davon einiges verstehen. ABER: Man lässt keinen Menschen ertrinken. PUNKT.
   Ein Schiff wird kommen - die Seawatch 5 kommt ab Frühjahr zu denen, die im Mittelmeer vom Kentern bedroht oder schon gekentert sind. Die sich aus ihren Ländern, die ihnen keine Heimat mehr sind, aufmachen in ein Leben, von dem sie hoffen, dass es besser, menschenwürdiger wird. Sie steigen in Schiffe, angelockt von oft kriminellen Schleusern, die ihnen ihr letztes Geld abknöpfen, die sie in wackelige Nussschalen setzen. Sie wissen genau, dass die Möglichkeit zu ertrinken riesengroß ist. Trotzdem gehen sie auf diese Reise in der großen Hoffnung, dass ein Schiff kommen und sie an Bord nehmen wird.
   Man lässt keinen Menschen ertrinken. PUNKT. Oder deutlicher mit den Worten Jesu: Was ihr den Schwächsten unter meinen Geschwistern getan habt, das habt ihr mir getan.
Ein Schiff wird kommen und meinen Traum erfüllen und meine Sehnsucht stillen, die Sehnsucht mancher Nacht.
Mögen sich die Zeilen erfüllen für die, die im Mittelmeer um ihr Leben kämpfen.
Liebe Grüße
von
Heike Schmid

Information zu Spenden an Seawatch: https://sea-watch.org/spenden/ oder an



Kommentare

  1. Waltraud Ruben -Peters1. März 2023 um 04:26

    Wie immer ein brisantes Thema auf den PUNKT gebracht.Toll

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