Die Sache mit den Schlüsseln

 

Ende Mai war es so weit: wenn man als Pastorin in den Ruhestand geht, muss man alle Schlüssel abgeben. Ich hatte unfassbar viele: für die Kirchen in Groothusen und Visquard, für die Glockentürme, für die Gemeindehäuser - jeweils Vorder- und Hintertür, für die Pastorei - meine Schlüssel und die der Kinder und Ersatzschlüssel, für die Garage, für die Holzhütte... ... Es war immer mein Alptraum, diese Schlüssel zu verlieren. Was hätte das nach sich gezogen! 
Es war ein besonderer Augenblick: alle Schlüssel auf den Tisch zu legen und mit Zetteln zu versehen, damit später noch Leute wissen, welcher Schlüssel zu welcher Tür gehört.
Dabei stellte sich heraus, dass  manche Schlüssel nirgends passten. Es waren mittlerweile Schlösser ausgewechselt worden oder sogar ganze Türen. Ich hatte nur vergessen, die alten Schlüssel zu entsorgen.
Dann zog ich los in mein neues Leben, mein Rentnerinnenleben: mit einem sehr leichten Schlüsselbund, aber mit einem schweren Herzen. Mit der Abgabe der Schlüssel war der Abschied quasi besiegelt. Und Abschiede sind nie leicht. Die Türen schlossen sich für mich für immer. Am Schlüsselbund blieben nur 2 Schlüssel: mein Autoschlüssel und der Haustürschlüssel der neuen Bleibe.
Mittlerweile hat sich wieder was verändert. Mein Autoschlüssel ist nicht mehr am Bund. Wir haben mein Auto verkauft. Was sollen wir in einer Stadt mit 2 Autos? Es gibt hier ein sehr ausgeklügeltes Netz des Öffentlichen Nahverkehrs. 
Am neuen Schlüsselbund sind jetzt ein Vordertürschlüssel, ein Hintertürschlüssel, ein Schlüssel für den Akku meines E-Bikes und ein anderer Autoschlüssel, der zu dem alten, aber tapferen Auto gehört, das bisher nur mein Mann fuhr.

Schlüssel, das sind kleine Dinge mit großer Wirkung. Sie können und sollen Türen öffnen oder verschließen, je nachdem. In den meisten Fällen passen sie. Wenn sie nicht passen, sind sie allerdings nutzlos.

Nun ist  Advent 2022 - wir singen wieder das gute, alte Lied : "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit. Es kommt der Herr der Herrlichkeit." Das Lied sagt: Macht alles weit auf: Türen und Tore. Lasst den König ein.

Habe ich dafür überhaupt den passenden Schlüssel?
Passen Advent und ich noch zusammen?
Kriege ich die Tür zum Advent noch auf? 
Ich glaube, Jesus sagt: unpassende Frage. Du kriegst die Tür sowieso nicht auf. Musst du auch gar nicht. Ich mache die Tür auf. Und ich gucke dich mit lieben Augen an. Ich finde dich schon. Mach dir keine Gedanken, mach dir vor allem keine Sorgen und habe keine Angst vor mir. Ich bin sehr gerne dein Gast.

Vielleicht meinst du, das passt alles gar nicht? Egal.
Vielleicht denkst du, da ist kein Schlüssel, der was öffnen kann? Egal. 
Du hast das Gefühl, man hätte die Türen oder die Schlösser ausgetauscht? Egal.
Es passt nicht in die Zeit? Es passt nicht in dein Leben, in deine jetzige Lebenssituation?  Egal.
Du bist gar nicht vorbereitet? Bei dir sieht es auch wie "Büx und Wams" innerlich und äußerlich? Egal. 
Das ist alles egal. Für mich sagt Jesus: Mach dir über das alles keine Sorgen. Ich gehe den Schritt auf dich zu. Ich kriege deine Türen auf. Ich lüfte mal richtig durch bei dir.

Ein Bibelwort, das gut dazu passt, lese ich in der Offenbarung Kapitel 3, Vers 8a: Sieh hin, ich habe vor dir eine Tür geöffnet, die niemand wieder schließen kann. 

Habt alle eine schöne Adventszeit.
Liebe Grüße von
Heike Schmid