Don't Panic - oder: "Angst essen Seele auf"

Ich meine, es war ein Weihnachtsgeschenk. Unsere Tochter hat diese Bechertasse unserem Sohn geschenkt. DON'T PANIC steht drauf. Keine Panik. Viele Jahre her. Die Tasse ist bei uns geblieben und jetzt auch mit umgezogen.
Ich trinke im Moment sehr bewusst daraus meinen Morgentee, denn sie mahnt mich zur Ruhe.
Ich war nämlich eine Zeitlang drin in einer richtigen fiesen Panik. Hatte zu viel und zu intensiv Nachrichten gehört und gesehen, zu viele Berichte gelesen, und die Worten rasten durch meinen Kopf: Inflation, Wirtschaftskrise, Energiekrise, Klimakrise. Das alles vermengte sich mit meiner sowieso nicht einfachen Lebenssituation zu einem unheilvollen Brei: raus aus dem Beruf, rein in den Ruhestand, raus aus dem geliebten Haus, rein in eins, das noch Zuhause werden muss, raus aus dem so vertrauten Dorf, rein in die gar nicht mal so kleine Stadt, raus aus dem alten vertrauten Bekanntenkreis... 
An einem Samstag wachte ich um 5 Uhr quasi panisch auf: "Alles verkehrt gemacht", so bebte es durch meine Seele. Im Alter und in dieser unsicheren Zeit sich noch eine Immobilie ans Bein binden, in eine fremde und ziemlich große Stadt ziehen, wo zwar die Kinder wohnen, aber wo ich außer Familie und Nachbarn noch niemanden kenne.
In meinem Kopf raste ein Gedankentornado und sog jeden klaren Gedanken weg. Überall nur noch Katstrophe. Und es passierte das, was Rainer Werner Fassbinder 1974 zum Filmtitel erhoben hat: "Angst essen Seele auf". Meine Seele war von der Angst wie eingefroren. Es ging mir körperlich und seelisch grottenschlecht. 
Mein kluger Schwager hat dann sehr sachlich mit mir geredet. Er hat mich finanziell beraten, hat uns dazu gebracht, einige große Stellschrauben noch mal zu ändern. Er hat mich beschwichtigt und manche Panikblase entlüftet. Alles schrumpfte wieder auf Normalmaß zurück und bald ging es mir besser.
Genau eine Woche nach meinem Panik-Samstag - das Eis in mir war geschmolzen, mir ging es wieder gut -  stand in den Losungen ein wie für mich gemachter Satz: HERR, wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickst du mich. (Psalm 138,7)  Oh ja, antworte ich, ich war mitten in der Angst, die mich einfror. Angst, alles verkehrt gemacht zu haben. Aber dann kam die kluge Begegnung. Dann kamen gute und klärende Worte. Dann kam eine gute Beratung. Und langsam verzogen sich die schlimmen, langen Schatten und die Eiseskälte.
Danke, dass ich wieder im Lot bin.
Danke, dass meine Seele nicht komplett aufgegessen wurde von der Angst.
Danke, dass die Sonne mich wieder wärmt.
Danke, dass mein Mut zurück ist.
Danke, dass meine Lebensfreude zurück gekehrt ist.
Danke, dass ich wieder durchatmen kann.
Danke, dass ich mich so langsam wohl fühle an dem Ort, wo ich jetzt lebe.
Danke für neue Menschen, die ich heute kennengelernt habe.
Danke für zauberhafte Begegnungen - 
gerade erst, vor ein paar Stunden.
DANKE, einfach DANKE. 
Es wird wieder passieren: Angst ist anhänglich, kommt gerne wieder, wird sich irgendwann wieder ankuscheln. Und mich wieder lahmlegen, alles bestimmen wollen. Aber es wird auch dann wieder Lösungen geben: Menschen wie Engel, Klärungen, Mut Machendes, Wärmendes, Angst Lösendes. 
Und jetzt trinke ich Tee, in der Sonne, aus dieser Tasse. DON'T PANIC. 
Habt eine gute Zeit. 
Liebe Grüße von
Heike Schmid


Kommentare

  1. Liebe Heike, und wenn du zum Tee gerne noch was Gutes zu lesen hättest: die Tasse (zumindest der Spruch) stammt aus "Per Anhalter durch die Galaxis" - immer noch lesenswert! Und wie da Tee gekocht wird...:-)))
    Herzliche Grüße!

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  2. Gertrud Müller19. Juli 2022 um 09:59

    Es kommt alles wieder ins rechte Lot, liebe Heike. Gib dir Zeit.

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  3. Ja sehr schön 😊 👍 🤗 🙏

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  4. Danke für diesen Einblick. Es tröstet mich ein wenig, da ich diese Momente kenne. Und selbst wenn es keine Stellschrauben gibt, dann braucht es Zeit. Manchmal kommen Lösungsansätze, die man sich nicht im Traum hätte vorstellen können.

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  5. Liebe Heike, ich weiß genau, wovon Du sprichst. Und unter anderem war es die Begegnung mit Dir, die mir bei meinem Ankommen vieles leichter gemacht hat. Sehr schön beschrieben. Liebe Grüße Katrin

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